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MAMA, BITTE LERN DEUTSCH | REZENSION

  • Autorenbild: weliveandbreatheword
    weliveandbreatheword
  • 25. Okt.
  • 4 Min. Lesezeit

Noch zum Anfang meiner Ausbildung hätte ich nie gedacht, dass ich jemals freiwillig ein Sachbuch lesen würde. Aber nachdem ich seit Monaten "Mama, bitte lern Deutsch" an Kund:innen verkauft habe, wurde ich neugierig und musste herausfinden, was an dem Buch so besonders ist.


Wie und ob mir das Buch gefallen hat, erfährst du in meiner Rezension. Viel Spaß beim Lesen!


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Informationen zu meiner Ausgabe


Buchtitel: Mama, bitte lern Deutsch

Autorin: Tahsim Durgun

Erscheinungsdatum: 03.03.2025

Originalsprache: Deutsch

Seitenanzahl: 208 Seiten

Verlag: Droemer Knaur

Worum geht es in dem Buch?


Noch bevor Tahsim Durgun die Grundschule abschließt, muss er für seine Mutter die Abschiebebescheide entziffern, begleitet sie als Dolmetscher zu intimen Arztbesuchen und verliest Aldi-Kataloge am Fliesentisch. So wie Tahsim geht es vielen jungen Menschen mit Migrationsgeschichte, die früh Verantwortung für ihre Eltern übernehmen und gleichzeitig einen Platz finden müssen in einem oft feindseligen Land. 

Mein erster Gedanke, nachdem ich die ersten 1-2 Kapitel gelesen habe war: Wie hat Tahsim Durgun es geschafft, ein Buch zu veröffentlichen, in dem er eine seiner Schwestern als benutztes Kondom beschreibt, und noch zu leben? Bitte Herr Durgun, verraten Sie mir ihr Geheimnis. Ich muss diese Macht, Fähigkeit oder was auch immer es ist beherrschen…


Spaß beiseite (oder auch nicht), zurück zu den wesentlichen Dingen: das Buch. Es fühlt sich falsch an zu behaupten, dass mir das Buch beim Lesen viel Freude bereitet hat, weil es hauptsächlich von vielen traumatischen Ereignissen berichtet, aber wenn ein Comedian über seine bisherige Lebensgeschichte und Erfahrungen schreibt, ist doch eigentlich klar, dass beide Mundwinkel nicht nur unten hängen können, oder? (Obwohl man bei der deutschen Mentalität sich da auch nicht zu 100% sicher sein kann - no front und so)


Abgesehen von der humorvollen Art hat Herr Durgun sich von einer ganz sentimentalen Seite gezeigt. Gefühlvoll berichtet er von seiner Kindheit als Migrantenkind und erzählt davon, wie es für ihn war aufzuwachsen. Schon in jungen Jahren wurde er mit Arztrechnungen oder Abschiebebescheiden konfrontiert. Zu lesen, wie ein Kind davor fürchten muss, in ein vermeintliches „Heimatland“ abgeschoben zu werden, obwohl man in Deutschland geboren wurde und sein ganzes Leben hier verbracht hat, hat mich so unfassbar sauer gemacht. Aber vor allem hat es mir gezeigt, dass solche Fälle in der Realität passieren und nicht nur in Tv-Serien als dramaturgisches Stilmittel verwendet werden. Es ist die Realität. Und das passiert nicht nur in Deutschland, sondern Weltweit. Weltweit müssen Kinder, Teenager sogar Erwachsene davor fürchten eines Tages nicht mehr da leben zu dürfen, was sie einst als Zuhause bezeichnet haben.


Mit „Mama, bitte lern Deutsch“ hat Tahsim Durgun mir die Augen geöffnet. Ich habe gelernt, dass Migrantenkinder ihrer Kindheit beraubt werden. Wie von ihnen verlangt wird, sich zu integrieren, aber ihnen die Chance dafür genommen wird. Wie sie keinerlei Unterstützung erhalten und nahezu auf sich alleine gestellt sind.


Das Buch hat mir aber auch anderweitig die Augen geöffnet, weswegen ein kleiner Diskurs folgt, bei dem ich erst überlegt habe, ob ich diesen überhaupt teilen möchte. Nach Beenden des Buches hab ich viel nachgedacht. Darüber, wie unfair und ungerecht mein Heimatland ist. Aber vor allem, dass wir als Gemeinschaft nicht aus den vorherigen Fehlern lernen. In den letzten 5 Jahren haben wir (damit meine ich Deutschland) uns 20 zurückentwickelt. Jedes Mal wenn ich das Gefühl habe, dass wir ein Schritt weiter kommen, sehe ich die Wahlergebnisse und bin erschüttert, dass die AfD die Partei mit den zweitbesten Wahlergebnissen ist. Ich fasse mir an den Kopf und frage mich: Wie kann das passieren?

Diese Entwicklung will und werde ich auch niemals verstehen.


Zurück zu dem eigentlichen Diskurs: Wie bereits erwähnt, habe ich nach dem Lesen viel nachgedacht. Ich selber bin in Deutschland geboren und aufgewachsen. Ich habe seit meiner Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit und wurde nie mit Diskriminierung jeglicher Art konfrontiert. Doch wieso erzähle ich das? Weil ich jemanden kenne, die das nicht von sich behaupten kann: Meine Mama. All das, was Herr Durgun erzählt, hat meine Mama auch erlebt. Ihre Eltern, meine Oma und mein Opa, sind im zweiten Weltkrieg aus Russland nach Deutschland geflohen. In jungen Jahren musste auch meine Mama sich mit Bürokratie auseinandersetzen, die ein Kind in diesem Alter nicht mal von deren Existenz wissen sollte. Sie wurde als Kind ausgeschlossen. Als Ostblock-Kind abgestempelt. Als ältestes Kind von drei weiteren musste sie früh lernen erwachsen zu werden. Mit Mitte 20 hat sie sich ihre deutsche Staatsbürgerschaft erkämpft. 20 Jahre nachdem sie in Deutschland geboren wurde und aufgewachsen ist. Sie war seit sie lebt nicht ein mal in Russland.


Somit bewerte ich das Buch mit: ⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️


Und damit möchte ich abschließend sagen: Danke Mama, dass du für dich und unsere Familie gekämpft hast. Danke, dass du mir all dieses Leid und Trauma ersparen konntest und ich Kind sein durfte.

Und vielen Dank an Tahsim Durgun, dass Sie nicht nur mir, sondern auch vielen vor mir oder nach mir die Augen öffnen.


Vielen Dank für Ihren Beitrag, Deutschland aufzuklären und hoffentlich zu einer Heimat zu machen, die bunt, vielfältig und akzeptierend ist.

Vielen Dank, dass du bis hier hin gelesen hast. Deine persönliche Meinung zum Buch würde mich sehr interessieren, also lass gerne ein Kommentar da! Ich freue mich auf den Austausch mit dir! 😍


Bis zum nächsten Mal 💖

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